Handwerk

Es klappert die Mühle am rauschenden Bach…

So wird die Mühle im Volkslied besungen. Das war einmal! Das Müllerhandwerk war seit jeher in Liedern, Märchen und Sagen zu finden. Nicht nur das, denn in der Volkskultur spielten Müller und Mühlen schon immer eine besondere Rolle. In früherer Zeit galt die Mühle als ein Ort „dämonischer Umtriebe“, die „Unehrlichkeit“ des Gewerbes, die häufig isolierte Lage und die soziale Stellung des einerseits vom Grundherren abhängigen, andererseits ein Monopol besitzenden Müllers mögen zu dieser Vorstellung beigetragen haben. Wobei die besagte „Unehrlichkeit“ angedichtet wurde. Sicherlich gab es auch unter den Müllern genug, die versucht haben in die eigene Tasche zu wirtschaften. Aber eigentlich ist mit „Unehrlichkeit“ der heutige Begriff „Unehrbarkeit“ gemeint. Die Müller durften zu Anfang, wie zum Beispiel auch Schäfer, Weber, Abdecker, Scharfrichter und einige mehr, keine eigenen Zünfte bilden. Das hatte weitreichende Auswirkungen. So blieb einem Müllersohn so gut wie keine Berufswahl. Da er in keine andere Zunft kam, konnte er nur wieder Müller werden. Das ging sogar so weit, dass als Ehefrauen nur Müllertöchter infrage kamen. Wobei einschränkend zu bemerken ist, dass auch wirtschaftliche Zwänge diese Abläufe bestimmten und in „ehrbaren“ Berufen es ähnlich aussah.

Wie alles begann…

Die Müllerei begann mit dem Getreideanbau in der Jungsteinzeit vor ca. 6000 Jahren. Damit ist sie eines der ältesten Gewerbe überhaupt. Reibesteine (auch als Trogmühlen bezeichnet) waren die frühesten Getreidezerkleinerer, die man gefunden hat. Sie bestanden aus einem mit der Zeit ausgehöhlten Stein, auf dem mit dem eigentlichen Reibestein das Getreide geschrotet wurde. Erst im frühen Mittelalter, während der Slawenzeit, wurden sie nach und nach durch die Handmühle abgelöst. Man drehte nun den Läuferstein in einem passenden Unterstein mit der Hand. Diese Handmühlen waren in jedem Haushalt vorhanden und galten als überlebenswichtig. Daher durften sie nicht gepfändet werden wie man in den ältesten Gesetzen nachlesen konnte.

Wassermühlen

…haben wahrscheinlich die Römer über die Alpen gebracht. Der bisher älteste Fund stammt aus der Nähe von Trier (Rheinland-Pfalz). Bei der Karlsmühle wurden Reste einer Steinmühle gefunden, die etwa 1600 Jahre alt ist. Vermutlich entstanden die heutigen Wassermühlen aus den Flussschöpfrädern, die in der Antike in Ägypten und Syrien gebräuchlich waren. Diese und auch die römischen Wasserräder waren unterschlächtig. Dabei trifft das Wasser unten an das Mühlrad. Das funktioniert nur an stärker fließenden Gewässern, die genügend kinetische Energie für den Antrieb liefern. Im Mittelalter wurden diese meist von den rückenschlächtigen Wasserrädern ersetzt, bei welchen das Wasser im oberen Drittel des Rades anschlägt. Weiter verbreitet sind die oberschlächtigen Wasserräder, bei denen das Wasser über das Rad hinweggeführt wird. Es sind die aufwändigsten Konstruktionen, aber sie funktionieren auch bei weniger Gefälle. Um auch in Mitteldeutschland Wassermühlen einsetzen zu können wurden Mühlteiche angelegt und das Wasser teils kilometerlang über Rinnen und Gräben herangeführt. Dafür reicht ein Gefälle von 3 bis 10 Metern – eben der Durchmesser des Wasserrades. Schöner und nützlicher Nebeneffekt: In den Mühlteichen wurde Fische gezüchtet. Ohne diese Idee und den Zuchterfolgen der Mönche gäbe es heute keine Spiegelkarpfen.

Windmühlen

.. kamen in Mitteleuropa erst viel später auf. Eine genaue Datierung ist nicht möglich. Ihre Verbreitung fanden sie erst mit der Bockwindmühle, auch Deutsche Windmühle genannt. Deren Mühlenkörper war vollständig aus Holz und auf einem drehbaren Bock gelagert. Diese Mühlen waren einfach in der Herstellung, preiswert und vor allen Dingen konnten sie bei Bedarf abgebaut und an anderer Stelle neu aufgebaut werden. Allerdings war die Größe stark begrenzt. Sie konnten einen Schrotgang und ein bis zwei Mahlgänge aufnehmen. Wollte der Müller mehr und effektiver produzieren musste eine größere Mühle her. Im einfachsten Fall wurde der Bock entfernt, die ganze Konstruktion auf einen steinernen Sockel gesetzt und die Drehung des Mühlenkörpers über einen Rollenkranz realisiert. Fertig war die Paltrockmühle. Der Name kommt vom Bekleidungsstück Paltrock, einem fast bis zum Boden reichenden Gehrock. Die Mühlenverkleidung wurde nämlich auch bis fast auf den Boden verlängert, weil damit die Drehtechnik besser geschützt wurde. Eine völlig andere Konstruktion ist die Holländermühle. Diese meist zylindrisch konisch oder sechs beziehungsweise achteckig ausgeführte Konstruktion konnte wesentlich größer mit mehreren Stockwerken ausgeführt werden. Teilweise als Balkenkonstruktion mit Holzverkleidung, meistens aber gemauert aus Ziegel war dies eine sehr robuste, aber ortsunveränderliche Mühlenkonstruktion, die über Holland (daher der Name!) in ganz Europa Verbreitung fand. Die deutlich höheren Kosten ließen aber deutlich weniger Holländerwindmühlen als Bockwindmühle entstehen. Der bekannteste Typ ist der Galerieholländer wie er in Potsdam-Sanssouci steht.

Reibestein
Wassermühle
Turmwindmühle
Bockwindmühle

Verbreitung der Mühlen seit dem Mittelalter

Der Bau und der Betrieb einer Mühle waren sehr kostenintensiv. Verständlich, dass nur Vermögende sich Mühlen leisten konnten. Neben Feudalherren und den aufstrebenden Städten (die Bezeichnung Stadtmühle findet man heute teilweise noch) waren es vor allen Dingen Klöster, die Mühlen besaßen. Besonders nach dem Dreißigjährigen Krieg, als die Mehrzahl der Mühlen brach lagen oder völlig zerstört waren, wurde es zur Überlebensaufgabe die Mühlen schnell wieder betriebsbereit zu machen. Damit aber nicht alles durcheinander kam wurde der Mühlenbann geschaffen. Demnach durfte nur mit Genehmigung des Feudalherren oder des Königs eine Mühle errichtet werden. Dafür wurde dem Müller auch Baumaterial gestellt und teilweise auch für Jahre die Pacht erlassen oder gemindert. Demgegenüber hatten die Bauern auch die Pflicht eine bestimmte Mühle zu nutzen.

Der Lohn des Müllers war die „Metze“, der sechzehnte Teil des Getreides. Allerdings mussten davon noch die anderen Mühlenangestellten bezahlt werden. In den wenigsten Fällen konnte ein Müller in Brandenburg davon leben und so gehörten zu fast jeder Mühle noch ein paar Morgen Land, die ein paar Groschen einbrachten um über die Runden zu kommen.

Es herrschte Mahlzwang

Die Redensart „etwas auf dem Kerbholz haben“ stammt aus dieser Zeit. Denn die Einhaltung des Mahlzwanges wurde durch Kerbhölzer überwacht. Holzstöcke wurden längs gespalten. Eine Hälfe bekam der Mahlgast, die andere verblieb beim Müller. Bei jedem Besuch wurde in beide Hälften eine Kerbe getan. So konnte jederzeit kontrolliert werden, ob und wie oft die Mühle besucht wurde. Von den Mühlen sagte man im Mittelalter: „Ist ein gar geruhiger und feiner nutz“. Der Mahlzwang wurde seit jeher von den Bauern als hart empfunden, er wurde in Preußen erst um 1810 mit der beginnenden Gewerbefreiheit aufgehoben.

Der Nachwuchs

„Es soll kein Altermann, Gildemeister oder Amtsbruder, wenn das Amt zusammen ist, sich unterstehen, Toback zu trinken bei Strafe von 18 Schilling…“ heißt es in einer Wolliner Amtsordnung. Die wichtigste Aufgabe der Zünfte war die Heranbildung eines tüchtigen Nachwuchses. Der Lehrling musste von ehelicher Geburt sein und von unbescholtenen Eltern abstammen. Nach „ausgestandener Lehrzeit“ wurde er in feierlicher Zeremonie zum Gesellen erklärt und musste dann, wie alle Handwerksgesellen „Jahr und Tag“ wandern.

Nach etlichen Wanderjahren konnte der Geselle Meister werden. Müller mussten in verschiedenen Handwerken bewandert sein (schmieden, zimmern, Mühlsteine schärfen). 1660 heißt es in der Handwerksordnung zu Aue: „Ein Müller, wenn er Meister werden will, soll zum Meisterstück ein überschlechtig Wasserrad abreißen (bauen), das Kamprad new kämmen, eine Haube (Haue) inn Mühlstein einsenken, das Getriebe vorstellen, die Mühle auf drei Teile fassen und solche untadelhaft gangbar machen“. Daraus ist schon zu ersehen, dass der Müllerberuf mehr war als nur Korn zu Mehl zu verarbeiten.

„Glück zu! Einen schönen Gruß vom letzten Meister und Gesellen“, war der übliche Gruß der wandernden Müllerburschen.

Wie das Korn zum Mehl wird

In zwei Arbeitsgängen wurde das Korn verarbeitet. Das Schroten des Getreides zwischen zwei Mühlsteinen brach das Korn auf. In einem zweiten Mahlgang mit kleinerem Spalt zwischen den Mahlsteinen oder, moderner, in einem Walzenstuhl wurde das Schrot weiter vermahlen. Das Sichten sorgte für die Trennung in Mehl und Kleie. Dazu diente früher ein Beutelwerk, das aus Baumwollgewebe bestand. Später geschah das im Sichter. Um allerdings das heute übliche Weißmehl (W 405) herzustellen sind weit mehr Schritte notwendig. In der modernen Hochmüllerei erfolgt die Mehlherstellung in 8 – 10 Passagen. Dabei werden die Erzeugnisse des Sichters immer feiner vermahlen bis zum Mehl. So ganz nebenbei fällt noch der Grieß an, der eigentlich ein Zwischenprodukt ist bei der Mehlherstellung.

Ein wesentlicher Schritt vor der Vermahlung ist allerdings die Reinigung des Getreides. Weniger wegen Beimengungen im Mehl, mehr wegen Fremdkörper, die die Steine oder Walzen beschädigen konnten machten die Reinigung notwendig. So wird das angelieferte Getreide auch heute noch durch verschiedene Reinigungsmaschinen (Aspirateur, Trieur, Magnet) von Unkrautsamen, Steinen und selbst von Metallteilen befreit.

Der moderne Müller

… heißt heute „Technologe der Getreideverarbeitung“. Er muss zwar genauso über Getreide und Mehle bescheid wissen wie der Müller in den vergangenen Jahrhunderten, aber der eigentliche Mahlvorgang ist soweit automatisiert und optimiert, dass er hauptsächlich auf die Bedienung der Maschinen reduziert ist. Weder müssen die Windverhältnisse beachtet werden, noch muss der Müller auf das Rumpeln des Wasserrades achten. Der Antrieb der Müllereimaschinen erfolgt in den Industriemühlen ausschließlich über Elektromotoren. Trotzdem ist Müller ein interessanter Beruf, dessen Attraktivität häufig verkannt wird.